A Creative Mind: Bernd Michael Ostwald

Bernd Michael Ostwald, Kopf und Herz in dritter Generation der OSTWALD Ledermanufaktur, spricht über den langen, freudenreichen und spannenden Weg, den eine OSTWALD Bag vom ersten Gedanken bis zur Fertigstellung in der eigenen Manufaktur zurücklegt.

Formen, die ins Auge fallen. Intrikate Details, die Blicke auf sich ziehen. Starke Kanten, intensive Farben, eine unerwartete Wendung von Nähten und Texturen – beim Betrachten jeder Lederkreation von Bernd Michael Ostwald spürt man unweigerlich die Gedanken und Handwerkskunst, welche bei der Verwirklichung einer einzigartigen Idee zum Leben erweckt wurden. Als Taschenkenner und Lederverarbeiter in dritter Generation ist Bernd Michael Ostwald der kreative und erfahrene Kopf hinter den Couture-Kreationen von OSTWALD Bags. Seit seiner Kindheit kennt er das Leben im Familienunternehmen und des Lederhandwerks. Angefangen bei Bernds Großvater Bernhard Ostwald, der bei der Oberfränkischen Schäfte- und Schuhfabrik Leder zu hochwertigen Schuhen und Accessoires verarbeitete, erlernte und lebte Bernd zeitlebens das Handwerk. 

„Ein Werkstück vom ersten Funken einer Idee und vom ursprünglichen Rohstoff Leder bis hin zur fertigen Tasche zu fertigen, ist für mich jedes Mal eine bewusste Erfahrung.“

Seine handwerkliche Kompetenz und sein intuitives Verständnis von Schönheit und Luxus spiegeln sich in unverwechselbaren und subtilen Kreationen wider. Im folgenden Interview gibt Bernd persönliche Einblicke in seinen Kreativprozess, seine Inspirationen und die Freude am Kreieren.

Woher kommen die ungewöhnlichen Ideen für OSTWALD Bags?

"Prinzipiell glaube ich, dass jede Interaktion mit der Umwelt Einfluss auf unser Denken und Fühlen nimmt. Es gibt starke Begegnungen mit Menschen und deren Werken. Natürlich sind Architektur, Gestaltung von Gegenständen und Kunst allgemein starke Trigger. Aber auch ganz Banales im Alltag kann ein Anker für die Lust am Gestalten sein. Für mich persönlich steht jedoch sehr oft am Anfang ein Stück Leder. Ein besonderes Stück, das mich reizt es umzuformen. Manchmal sagt die Haut selbst, was zu machen ist."

"Dann kommt die Auseinandersetzung mit meinem Team in der Werkstatt; es beginnt eine Art Spiel, bei dem jeder Einwurf erlaubt ist. Es ist ein permanentes Hin- und Herspielen von Ideen und Versuchen am Werkstück. Ich habe das Glück, mit wundervollen Handwerkern und kreativen Talenten zusammenarbeiten zu dürfen. Ich darf lernen und geben, kann den Weg zeigen und mich zugleich auf neue Pfade leiten lassen. Zeichnungen unterstützen dies, sind aber immer nur der erste Zug in der Reihe vieler Spielbewegungen."

Wie bestimmst du, welches Leder deiner Idee Substanz gibt?

"Leder ist Haut. Lebendig und einzigartig. Sinnlich und veränderlich. Hier spreche ich nicht so sehr von den industriell standardisierten Ledern, die Normen erfüllen müssen, um möglichst homogen und gleichartig verarbeitet zu werden."

"Ich suche das Besondere, das Unverwechselbare, das mir eine Geschichte erzählt. Leder, das mir ein gutes Gefühl vermittelt, dass es sinnvoll ist, diese Haut zu verarbeiten. Ich fände es gut, wenn Leder noch viel mehr ein kostbares und rares Material würde mit tiefer Wertschätzung für eine Resource, aus der Dinge entstehen, die lange Bedeutung und Nutzen haben. Eigentlich nicht viel anders als zu Zeiten meines Großvaters: Da gab es nur wenig, und dieses Wenige war den Menschen wertvoll und lieb.

Also suche ich Leder von seriösen Gerbern in Europa, mit denen ich diese Gedanken teile. Ihr Wissen, das teils seit Generationen gewachsen ist, und ihre unerschöpfliche Lust, aus ihrer Tradition heraus auch Neues zu erschaffen, vermögen mich stets zu begeistern."

Wofür werden Prototypen hergestellt und was passiert mit diesen?

"Zunächst sei erklärt, warum ich den Begriff "Design" bewusst vermeide. Einerseits weil die Taschen aus der Linie "ART COUTURE" immer einen dekorativen und kunsthandwerlichen Aspekt beinhalten, also nicht bloße Werkzeuge sind. In der "FINEST COUTURE" stehen funktionale Aspekte deutlich mehr im Focus, allerdings ist auch dort die Freude am Spiel mit dem Material Leder sehr groß." 

"Innovativ, ehrlich, langlebig, ästhetisch, ergonomisch und dennoch dekorativ; handwerklich konsequent und präzise. Das sind Ziel und Anspruch."

"Um dieses Ziel zu erreichen werden etliche Prototypen angefertigt, die uns lehren, was wir noch verbessern können, müssen oder wollen. Von einer 3D-Kartonanimation angefangen über etliche Konstruktionssimulationen bis zum ersten Prototypen ist der Weg manchmal recht lang. Das können sechs Monate oder auch zwei Jahre sein. Gerade unsere Spezialität, semiharte Taschen extrem leicht zu bauen, erfordert einen genauen Entwicklungsprozess. 

Sehr viele Prototypen habe ich in meiner "Privatsammlung". Viele stehen auch in der Werkstatt, um besonders komplizierte Modelle neben den Erklärungen auf der Schablone noch besser bei der Anfertigung begreifen zu können."

Wie wird die Tasche final gefertigt?

"Nachdem über das Modell entschieden ist, wird die zu Ende gedachte Taschenidee Wirklichkeit. Dafür gibt es das Atelier OSTWALD, unsere eigene Manufaktur in Belgrad. Die jahrelange Erfahrung und Expertise zum Lederhandwerk kommt hier in Form von altbewährten Verfahren und Techniken zur Anwendung; jeder Schnitt, jeder Stich und jede Naht passiert hier von Hand und gleichmals von der selben Person - wir wenden uns bewusst von Fließbandaufgaben ab. Jede und jeder in der Werkstatt führt viele verschiedene Handgriffe aus, oft auch von Rohmaterial bis zur fertigen Tasche."

Wo siehst Du deine Taschen? Wer ist Träger, wer ist Trägerin?

"Im Prinzip sind es jene Menschen, die ein Stück aus unserer Werkstatt wirklich anspricht. Einfach weil es ihnen gefällt und sie Lust darauf haben, eine so besondere Tasche zu besitzen. Die Tasche berührt einen und man fühlt, dass man eine Verbindung eingehen möchte, weil sie zu seinem Stil und seinen Werten passt. Das Wichtigste allem voran, ist viel und lange Spaß an einem Stück von OSTWALD zu haben!

Wer kann schon bestimmen, wie man ein Kunstwerk tragen soll? Es ist ein persönliches "Requisit" am Handgelenk und unterstreicht die eigene Bewegung, den Ausdruck und die Persönlichkeit. Imitiere nichts, fühle dich nicht bewertet oder zu irgendetwas verpflichtet. Fühle die eigenen Träume und die Lust, auf dieser Welt zu sein!"